Buchhandlung Baeuchle
       
      
       
       
       
       
Buchtipp: Die Hungrigen und die Satten
Timur Vermes
Dies ist ein lustiger, trauriger und bitterböser Roman. Das klingt schon sehr widersprüchlich und ich kenne nur einen Autor, der das so hinbekommt und das ist Timur Vermes. Vermes kennt sich gut aus in der Welt der Quoten, der Selbstdarstellung, der Macht und der Fake News, in seinem Roman geht es  um die Verlogenheit der Politik, um Manipulation, um Hunger, um den Umgang der Massenmedien mit Problemen, um die Qualität von Informationen in Zeiten von Privatfernsehen, Quotenjagden, fake News, Twitter und Co.
Nadeche Hackenbusch ist die Quotenqueen ihres Senders und will endlich ernst genommen werden, als Mensch, als Frau als Berichterstatterin. Nachdem ihre Serie im Flüchtlingsheim ein RIESEN Quotenbringer geworden ist, kommt ihr der Gedanke, das größte Flüchtlingslager Afrikas zu besuchen, dorthin zu gehen, wo es richtig weh tut! Allein schon die Szene, in der ihre Filmcrew ein Casting im Flüchtlingslager veranstaltet, die ist das ganze Buch schon wert, böse, bitterböse und absolut genauso vorstellbar. Wie immer bei Vermes, bleibt dem Leser das Lachen im Halse recht schnell stecken, denn eigentlich ist das alles ganz furchtbar, weil es gleichzeitig eben auch schlicht real ist: Quotengeile Sender, machtgeile Politiker, vernunftlose Entscheidungen, Grausame Realitäten, die negiert werden, Radikale Gruppen in Europa usw.
Nadeche Hackenbusch jedenfalls sieht sich bald als rettender Engel der Flüchtlinge, sie wird vom Sender zum „Engel im Elend“ stilisiert und so bricht sie mit dem Castingsieger Lionel auf zum längsten und größten Flüchlingsmarsch zu Fuss von Afrika nach Europa. 120.000 Menschen beginnen den Marsch, am Ende sind es doppelt so viele und diese Menschenmasse wälzt sich durch Afrika über Jordanien, den Libanon, Syrien, die Türkei, Griechenland, Kroatien, Italien, Österreich auf Deutschland zu und wächst und wächst und wächst. Der Flüchtlingszug, übrigens durchaus so denkbar und auch durchführbar, wird zum Medienspektakel und die deutsche Politik findet keinen Weg, den Zug wie auch immer zu verhindern, aufzuhalten oder aufzulösen. Der Innenminister und CSU Politiker Leubl findet einen Ausweg, Seine Lösung aber ist so was von  politisch unerwünscht, erregt die Rechten und die Linken, ist sowas von gegen jede Parteilinie und sowas von vernünftig und menschlich, dass nun ja, nun müssen sie den Rest selbst lesen, sonst ist ja das spannendste bereits verraten. Soviel sei noch gesagt, Vermes hält uns in diesem Buch nicht nur einen bösen Spiegel vor die Nase, (leider ist es ja nicht mal ein Zerrspiegel), sondern er weist einen Weg in die Zukunft.
Wie immer richtig gut, ABER entweder man mag Vermes Stil oder man mag ihn nicht, hier gibt es kein „Reinlesen“ „Reinkommen“ „Reingewöhnen“ sein bitterböser Humor ist einfach nicht jedermanns Sache. Ich finde ihn grandios, für mich eines der besten Bücher dieses Herbstes.
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