Buchhandlung Baeuchle

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Buchtipp: Der Mann mit der magischen Kamera

pedro Badran



Dieses Büchlein wurde mir vom Übersetzer des Buches Peter Schultze-Krafft, der hier in Hinterzarten lebt, ans Herz gelegt.
Wir landen gemeinsam mit einem jungen Mann, der Drahteulen, die Glück bringen, herstellt und verkauft, in einem vollkommen heruntergekommenen Hotel am Meer in der kolumbianischen Hafenstadt Cartagena.
Die Eintrittskarte ins Hotel ist ein Foto, das Tony Lafont, der Mann mit der magischen Kamera, geschossen hat. Tony ist in allen Köpfen der Hotelbewohner durch seine Bilder und das dazugehörige „Inventar“, das sind seine Texte und Gedanken zu den jeweiligen Bildern, präsent, alle Unterhaltungen, alle Treffen, alle Begegnungen werden in Bezug zu Tony gesetzt und alle Hotelbewohner und Besucher stehen in Verbindung mit diesem Fotografen, der eines Tages einfach verschwunden und nie wieder aufgetaucht ist.
Die Menschen im Hotel stehen für die nicht auf Erfolg und materiellen Gewinn ausgerichtete Mentalität der Menschen in der Karibik, ihr tägliches Brot ist eine Lebensbalance am Rand des Abgrunds.

Auch wenn Peter Schultze-Krafft nicht ganz dieser Meinung ist, so ist dieses Büchlein für mich nicht nur vom Realismus des Lebens in Kolumbien, sondern auch von Magie und Geheimnissen durchwoben.
Die Geschichte von Tony und der Menschen, die im Hotel leben und die irgendwie alle entweder auf der Suche nach Tony Lafont sind oder einfach nur auf ihn warten, wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Mal erzählt der junge Mann, der übrigens, kaum hat er sich im Hotel niedergelassen, an Amöbenruhr erkrankt, mal der Fotograf Tony Lafont, mal die Jongleurin, die dem jungen Mann seine Eintrittskarte für das Hotel überreicht hat und dann wieder ist es Claudia Soraya, eine Touristin und die Liebschaft des Fotografen, die am Abend vor Ihrer Abreise im Meer ertrunken ist.
Die vier Stimmen erzählen nicht verschiedene Versionen einer Geschichte, sondern bestätigen und ergänzen sich in Bezug auf die Informationen, die sie geben, so entsteht der Eindruck, hier werde eine wahre Geschichte erzählt.
Dieses kleine Büchlein birgt eine besondere Welt, einen Bilder- und Erzählkosmos, der wohltuend anders ist als übliche Romane.
Wunderbare Lektüre, fern vom Mainstream, eine kleine literarische Abwechslung für anspruchsvolle Leser.

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